antisemitismus und ethnologie

shinju ⌂ @, Sonntag, 10.12.2006, 15:23 (vor 6319 Tagen) @ leia

» » Wie erhebst du Daten> Wenn du Interviews machst und die Befragten
» deinen
» » Titel kennen, dann wirst du eine enorme Verzerrung haben.
» klar. ich hab die datenerhebungsphase mittlerweile abgeschlossen. ich habe
» in den ersten monaten nur teilnehmende beobachtung gemacht und von mir aus
» das thema antisemitismus nicht in gespräche eingebracht. es war ziemlich
» schnell klar, dass juden/jüdinnen, israel etc. von den kids selber ständig
» angesprochen werden. bei den interviews habe ich gesagt, dass es mir um die
» lebenswelten von jugendlichen und ihre einstellungen zu politischen
» fragestellungen geht. aus forschungsethischer perspektive bin ich nicht
» glücklich damit, weil es zwar keine lüge aber auch nicht die volle
» wahrheit es, aber es gibt halt fragestellungen, wo die benennung des
» eigentlichen schwerpunktes die ergebnisse eben, wie du ja auch
» festgestellt hast, stark verzerren würde.

Es gibt ein Konzept, das in der Diskussion um die Ethnographische Repräsentation entstanden ist, in dem man den Informanten vorher zeigt, was man über sie geschrieben hat und wo sie das selbst noch einmal kommentieren können, bzw. darauf Einfluss nehmen können. Damit soll (zumindest in der Theorie) die Hierarchie zwischen Forscher und den Erforschten etwas abgebaut werden. In der Psychologie gibt es etwas sehr ähnliches.
Leider lässt sich das wohl nicht immer realisieren, auch dein sehr politisiertes Thema würde das erschweren.

» » Und wer sind die arabisch geprägten>
» » Ist ein Junge, der in Deutschland geboren wurde, aber dessen Eltern aus
» » Syrien stammen, nun "deutsch" oder "arabisch" geprägt>
» sowohl als auch. die meisten meiner informanten sind vom pass her
» "deutsch", von der selbstbezeichnung "arabisch". was "arabisch" nun genau
» meint, ist ja auch nicht klar definierbar. um irgendwelchen
» ethnisch-völkischen zuschreibungen zu entgehen, beziehe ich mich dabei
» meist auf die staaten der arabischen liga. die jungs, mit denen ich
» interviews gemacht habe, stehen über familienkontakt und medienkonsum in
» mehr oder weniger engem kontakt mit diskursen in den herkunftsländern
» ihrer eltern, deswegen "arabisch geprägt".
» ich finde die bezeichnung auch nicht ideal, hatte aber auch keine bessere
» idee. du>

Eine bessere Bezeichnung fällt mir auch nicht ein. Es handelt sich hier vielleicht auch mehr um Politik (bzw. politische Einstellungen), die von den Medien und den Eltern übernommen werden und weniger um Kultur (im Sinne von Sitten und Gebräuchen). Wobei Kultur natürlich politisiert wird und Politik kulturalisiert.
Wenn du dich auf ihre Lebenswelten und Selbstdefinitionen stützt (und das deutlich machst), dann kannst du Kulturalisierungen vielleicht vermeiden.


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