antisemitismus und ethnologie

nichtidentisches ⌂ @, ., Sonntag, 12.08.2007, 16:56 (vor 6100 Tagen) @ harry

@"Die jüdischen Opfer waren antisemitisch>"

Leider gibt es auch das und keinem namhaften Antisemitismusforscher stellt das ein Rätsel dar. Meine Kritik an Levi-Strauss macht sich daran fest, dass er den 2. Weltkrieg auf Überbevölkerung zurückführt und ihm die Vernichtunslager allenfalls der Erwähnung wert sind, als sie diese These bestätigen und Zivilisation generell zum Verfall erklären. Eine Rationalisierung par excellence. Zivilisation verfällt halt so und deshalb gabs den Weltkrieg. Da schlägt dann doch die Verwandtschaft der französischen Philosophie zu Heidegger durch. (Siehe dazu Rockmoore, Tom: Heidegger und die französische Philosophie)

Meines Erachtens ist die britische und US-amerikanische Literatur wesentlich fitter und reflektierter im Umgang mit dem Antisemitismus, man wollte dort verstehen und nicht vergessen. In Marwicks (Hg.) Standardwerk zur Hexenforschung: Witchcraft & Sorcery und Parrinders "Witchcraft: European and African" wird Verfolgung zumindest zum Problem erhoben und ein Bewusstsein vom Antisemitismus spiegelt sich auch in anderen, Ortsfremden Vergleichen wieder. Man hat dort den Mut zur kritischen Gesellschaftswissenschaft.
Meines Erachten könnte auch empirische Feldforschung am autoritären Charakter lernen oder ein kritisches Verhältnis zu sich selbst und ihren Objekten entfalten. Was hierzulande propagiert wird ist das esoterisch-sinnfreie Aufgehen im großen Ganzen, die wahlweise Verschmelzung oder absolute Trennung von emisch und ethisch: Ontologie der Ethnologie.

Die Lehrsätze vom Kannibalismus als kolonialistischer Projektion sind altbackener als diese Projektionen selbst es je waren. Sie beinhalten ein gutmenschliches Menschenbild, das kein Übel je kennen wollte. Das Menschenopfer ist keineswegs eine unübliche Erscheinung. Behrend widerspricht dem ja recht genial, indem sie die Frage stellt, warum denn die einen des Kannibalismus beschuldigt wurden, die anderen aber nie>
Ich halte Freuds Totem und Tabu für weniger überholt als den Strukturalismus oder den Funktionalismus. Es lässt sich nach einer kritischen Lektüre sehr gut damit arbeiten. Der Evolutionismus bei Adorno/Horkheimer, den man schon bei Marx vorfindet ist nicht der schlechteste, denn er geht zunächst davon aus, dass Entwicklung allen Menschen möglich sei, und ferner ist er eine logisch-empirische Konstruktion, was ihn zeitloser und sympathischer macht als die phänomenologische Postmoderne.


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