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Mainzer Ethnologen protestieren gegen Gen-Rassismus

von lorenz am Jan 25, 2008 in Urbevölkerungen und Minderheiten, Wir und die Anderen, Kultur Tradition, Forscher / Theorien / Richtungen

Es geschieht nicht oft, aber immer wieder aeussern sich Ethnologen zu aktuellen Themen. Manchmal wendet sich sogar ein ganzes Institut mit einer Stellungsnahme an die Oeffentlichkeit. So geschehen nach einem umstrittenen Interview im Deutschland-Radio mit Bildungs- und Intelligenzforscher Heiner Rindermann ueber angebliche Unterschiede in der Intelligenz verschiedener “Voelker".

In der Stellungnahme schreibt das Institut für Ethnologie und Afrikastudien an der Uni Mainz:

Rindermann vertritt darin (im Interview) die These, es gebe genetische Unterschiede zwischen Menschenrassen hinsichtlich ihrer Intelligenz. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Instituts für Ethnologie und Afrikastudien an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz weisen Rindermanns Aussagen als rassistisch zurück und sind empört, dass solchen Theorien Raum in einem öffentlich-rechtlichen Sender gegeben wird.

Für Verwunderung bei den Mainzer Wissenschaftlern sorgte zudem, wie unkritisch die Journalistin Katrin Heise Rindermanns Gebrauch von Termini wie „Rasse“ und „rassisch“ begleitete. Sie nahm die postulierte Korrelation von genetisch determinierbaren Menschenrassen mit messbarer Intelligenz nicht nur schweigend hin, sondern wurde teils sogar zur Stichwortgeberin für dessen Argumentation.

>> zur Stellungnahme des Instituts

Liest man das Interview (und Rindermanns Stellungnahme zu den Vorwürfen), kann man sich fragen ob die Ethnologen nicht zu weit gehen in ihren Anklagen, da Rindermann doch versucht zu differenzieren und sich längst nicht so bombastisch äussert:

Ob sie genetisch unterschiedlich verteilt ist, wissen wir nicht so genau, also, was wir genau wissen, dass die Intelligenz sich über verschiedene Länder hinweg stark unterscheidet in ihrem Mittelwert, und wir wissen auch sehr genau, dass auf individueller Ebene hierbei neben Umweltfaktoren auch genetische Faktoren relevant sind.

Fragwürdig und potenziell rassistisch - und auf jeden Fall ethnozentrisch - sind solche Tests allerdings so oder so. Zum einen weil ständig vom “Volk” als einer quasi biologischen Analyseeinheit ausgegangen wird und die Intelligenz definiert wurde nach den Standards der westlichen Mittelklasse.

Am besten gefällt mir dieser Teil des Interviews:

Heise: Kehren wir noch mal zu den Tests zurück. Würde uns beispielsweise … … Ein Test, der von einem Buschmann zusammengestellt worden ist, der käme doch sicherlich zu einem ganz anderen Ergebnis als ein Test, der von Ihnen zusammengestellt worden ist?

Rindermann: Ja, da haben Sie völlig Recht, es gibt sehr interessante Studien zum Beispiel zum Wegefinden, und da kann man feststellen, dass Naturvölker hier weit besser sind als Europäer. Ich selber war zum Beispiel auch mehrmals im Amazonasgebiet gewesen und ich war dort sehr erstaunt, wie toll zum Beispiel Yanomami-Indianer einen Weg finden können im Regenwald, wo wir keine Berge haben, keine erkennbaren Flüsse und so weiter, und trotzdem auf einer Wanderung von mehreren Stunden wieder genau an den Ausgangspunkt zurückkommen. Das können wir nicht, weil wir es nicht geübt haben.

Heise: Nehmen wir denn aber in unseren Tests auf genau solche Dinge auch Rücksicht?

Rindermann: Eigentlich nicht, es kommt darauf an, wie wir Intelligenz definieren. Wenn wir Intelligenz definieren würden als das Wegefinden in unbekanntem oder nahezu unbekanntem Gelände, dann wären uns Naturvölker höchstwahrscheinlich überlegen.

>> weiter im Interview

>> Stellungnahme der Mainzer Ethnologen inkl Dokumentation und Links

>> Heiner Rindermanns Publikationen (Im Gegensatz zu den meisten Ethnologen kann man so gut wie alle Papers gratis herunterladen)

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6 Kommentare

Kommentar von: florian

florian

Der Vorstand der DGV (Deutsche Gesellschaft für Völkerkunde) hat sich der Mainzer Erklärung übrigens auch angeschlossen. In einem E-Mail-Newsletter lassen sie ihre Mitglieder wissen:

“Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde unterstützt nachdrücklich den Protest gegen Äußerungen des Magdeburger Psychologen Rindermann.”

30.01.08 @ 14:18

Kommentar von: lorenz

admin

Danke fuer die Information. Steht inzwischen auch auf der Webseite der DGV

30.01.08 @ 16:48

Kommentar von: Jörg Djuren

Jörg Djuren

Die Revitalisierung klassisch rassistischer Ideologie ist nur ein Nebenschauplatz, die eigentliche Gefahr liegt schon seit Jahren in der Produktion eines neue ‘Individual’rassismus, der sich auf den individuellen (Familien-)Genpool bezieht. Ob Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe oder auf Grund bestimmter Gene diskriminiert werden ist letztendlich für die Menschen gleich und beides ist irrational, da komplexe Fähigkeiten und Verhaltensweisen nun mal mit Biologie herzlich wenig zu tun haben, sondern mit Kultur und sozialem Hintergrund. Siehe dazu: http://www.ak-anna.org/naturwissenschaftskritik_alternativen/genetik_rassismus.html

01.12.08 @ 11:33

Kommentar von: Erich Wagner

Erich Wagner

könnte man denn einen virus an rassische unterschiede anpassen?

08.04.13 @ 11:49

Kommentar von: Erich Wagner

Erich Wagner

ich meine so, dass zum beispiel nur afrikaner oder araber oder beides von einem virus infiziert werden? das wäre ja fürchterlich!

08.04.13 @ 11:52

Kommentar von: laber

laber

Ich sehe darin eher eine Diskriminierung des “Magdeburgers” als Ossi, den man als “Rechten” hinstellen will um ihn abzuschießen. Auf ähnliche weise hat man hunderte Akademiker im Osten abgeschossen indem man ihre integrität anzweifelte.
Dabei ist zu berücksichtigen das Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde” ausschliesslich aus Wessis besteht, wie übrigens alle Vorstände von Forschungseinrichtungen, auch und im besonderem im Osten!

“Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde unterstützt nachdrücklich den Protest gegen Äußerungen des Magdeburger Psychologen Rindermann.”

Das sich Intelligenz über Länder unterschiedlich verteilen und auch genetische Gründe haben - mein Gott, das gilt auch für die Milchzuckerverträglichkeit oder wegen mir die Höhentauglichkeit oder hundert andere Merkmale wie Krebsrisiko, Gewichtszunahme, Größe, Körperbau oder Kraushaare (wie z.b. auch die alten Griechen dargestellt werden) usw.

Generell sehe ich keinerlei Probleme mit dem individuellen FamilienGenpool oder auch dem Genpool von Völkern sofern man damit ganz offen umgeht und auch erwähnt was sie erschaffen haben.
Problematisch wird es erst dann wenn nahezu alles in Europa zu Keltisch erklärt wird, weil eine führende Gruppe von Forschern in Deutschland die Wahrheit aufgrund eines
“politisch unbequemen” Ergebnisses zurück halten.

Und damit lösen sie einen dominant an Kelten orientierten Rassismus aus, der aber nicht als solcher wahrgenommen wird.

Daran orientiert sich jeder noch so poplige Wissenschaftler und erst recht die Laien.
Dabei könnte man die Nazithesen ein für alle mal wiederlegen. Aber nein die Truppe agiert wie die Bilderberger - im Geheimen.

Das geht dann so weit, das West-Leitende in Ost-Forschungseinrichtungen (Archäologie) statt die Bevölkerung im Osten, die im Westen erforscht und jegliche Fahrten als Karawane in den Westen führt, obwohl quasi nebenan eine wunderschöne Slavenburg, Germanenfürsten oder Kreisgrabenanlagen sich förmlich für derartiges aufdrängeln.
Und das sollen nun die Landesarchäologen der neuen Bundesländer sein? Dann hätten sie doch gleich in Hessen, Bayern oder NRW bleiben können?
Wenn Leute sich für sowas interessieren sehen sie viele Kulturen mit anderen Augen: Perser, Iraner, Armenier, Griechen.
Dann sind das nicht mehr arme Südländer zu denen wir Eulen tragen müssen oder Taliban sondern die modernen Mesopotamier, Uratäer oder Helenen.
Was mir mehr Sorgen macht sind die Vaterschafts-DNA-Tests in der Kinder zur Ware mit Rückgaberecht werden, zumal sich ja Väter oft aus den Unterhaltszahlungen bei Trennung rauswinden.

17.10.13 @ 16:00


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